Wie ich bereits in meinem Beitrag Die einzige Behinderung im Leben ist eine schlechte Einstellung erzählt habe ist es nicht immer einfach mit Menschen, die nicht wissen, dass behinderte Hunde auch nur Hunde sind.
Meine liebe Freundin Jenni kennt die Anfeindungen, die man ertragen muss, wenn man einen behinderten Hund hat nur zu gut und hat mir ihre Sicht der Dinge in einem wirklich tollen Text geschickt – lest selbst!
“TIERQUÄLEREI!! Steinigt sie!!“
… warum ein normaler Hund und seine Familie mit Anfeindungen zu kämpfen haben…
Sunny ist ein lebensfroher, älterer Hund aus Bulgarien. Zu seinen Hobbies gehören rennen, Ball spielen, sich wälzen, bellen und essen klauen. Ein ganz normaler Hund oder?
Leider würden die meisten Menschen diese Frage nicht mehr mit “ja“ beantworten sobald sie meinen Hund genauer ansehen.
Sunny hat nämlich keine Augen mehr.

Aber warum schreckt das so viele ab, obwohl sie kurz vorher noch gesehen haben, dass er sich wie jeder andere 0815 Hund benimmt? Diese Frage werde ich nicht beantworten, ich könnte es nicht. Aber vielleicht wollt ihr euch ein paar Gedanken drüber machen und für euch persönlich eine Antwort finden…
Wir bekommen ab und zu Sprüche reingedrückt wie “der arme Hund“, “was hat dieses Tier denn noch vom Leben?! Erlöse ihn doch endlich von seinem Leid“ oder “man sollte dich gleich nach dem Hund erschießen/erschlagen/einschläfern!! So ein Tier am Leben zu erhalten ist höchste Tierquälerei“.
Hinter meinem Rücken wird gelästert und getuschelt, Menschen schauen mich verachtend an oder finden es lustig, wenn mein blinder Hund förmlich platzt vor Unsicherheit und/oder Wut, wenn fremde Hunde an ihm riechen oder spielen wollen.
Nun… wie geht man mit sowas um? Das hab ich mich auch jahrelang gefragt. Ich konnte nicht begreifen wie man so über meinen Hund reden kann, der vorher im Garten voller Freude und Elan durch das Gras galoppiert ist…
Ich konnte nicht wirklich damit umgehen, kam heulend vom Gassi gehen nachhause, habe lautstark mit ignoranten Menschen gestritten, bin mit eingezogenem Kopf geflüchtet und hatte Angst vor dem nächsten mal. Am liebsten hätte ich mich und meinen armen Hund eingesperrt und hätte den nächsten Gassigang am liebsten auf unbestimmte Zeit verschoben…
Ich hab mich oft erwischt bei dem Gedanken, dass es vielleicht doch besser wäre für Sunny, wenn er SO nicht mehr leben müsste. Und so ging das Karusell der Zweifel und der Angst, das falsche zu tun immer weiter und hat mich irgendwann so schwindelig gemacht dass ich weinend in einer Ecke saß, mit meinem Hund im Arm und betend, bald die richtige Entscheidung treffen zu können. Auch während ich diese Zeilen schreibe, Jahre später, zittere ich am ganzen Körper…

Eines Tages im Garten hat mein geliebter Sunny, blind wie ein Maulwurf, Pflaumen geklaut und hat mir triumphierend die Kerne, fein säuberlich abgelutscht, vor die Füße gespuckt. Erklärt mich für blöd. Aber ich musste so drüber lachen, dass ich auch noch über einen meiner anderen Hunde gestolpert bin und erstmal schön auf der Nase gelandet bin. Dieser Knall auf den Kopf hat mir wohl den nötigen “Klick“ gegeben.
Ich hab meinen Hund angesehen und dachte mir “was machst du da eigentlich? DU weißt dass es Sunny gut geht. DU siehst jeden Tag wie herrlich normal dieser Hund trotz Blindheit ist. Warum machst du dich so fertig?“
Es dauerte natürlich noch ein wenig, bis ich mich wirklich nicht mehr fertig gemacht habe, aber dieser lange Prozess des Umdenkens hat sich gelohnt.
Heute, 5 Jahre später in denen dieser kleine, blinde, freche Troll mein Leben bereichert kann ich mit solchen Sprüchen und Blicken umgehen!
Sprüche werden mit einem müden Lächeln abgetan oder gleich völlig ignoriert. Ernsthaft interessierte Menschen, bekommen eine nette und freundliche Erklärung warum und weshalb Sunny keine Augen mehr hat.
Lange Rede kurzer Sinn: steht zu 100% hinter euren Hunden. Egal ob mit “Handicap“ oder ohne. Egal ob schwierig oder Lammfromm. Lasst euch nicht von ignoranten Menschen und deren verletzenden Worte verunsichern. Die Hunde haben nur euch und IHR ganz allein wisst, wie wundervoll euer Hund doch ist. Mit all seinen Ecken und Kanten. Lasst euch nicht zum Zweifeln bringen! Solang ihr wisst, dass es euren pelzigen Freunden gut geht, ist alles gut.
An dieser Stelle möchte ich piuslucius nochmal danken, dass sie mich so sehr unterstützt hat und für mich da war, als Sunny seine Augenentfernung hatte. Ohne dich hätte ich das nervlich nicht gepackt.
PS: Sunny selber weiß nicht mal, dass er behindert ist 😉